Eifersucht ist ein sehr belastendes Thema. Für den Eifersüchtigen, für den Partner, für die Beziehung. Eifersucht ist ein schwieriges Thema. Ein SEHR schwieriges… Tatsächlich und vor allem, weil uns dabei unsere eigenen Gefühle zu unserem Feind werden.
Gefühle geben uns wichtige Informationen über uns selbst und sie sind existentielle Voraussetzung sowohl dafür, uns in Beziehungen zurecht zu finden wie auch dafür, uns durch unsere Umwelt zu navigieren.
So kann Eifersucht uns klar zeigen, dass uns eine andere Person sehr wichtig ist; dass wir Angst haben, sie zu verlieren.
Dennoch empfinden die meisten Menschen Eifersucht eher als „unbezähmbares Monster“, das sie nicht an ihrer Seite haben möchten.
In der Tat hat Eifersucht überwiegend negative Effekte:
Da ist einmal ihre Unkontrollierbarkeit: Eifersucht treibt uns in den Strudel einer Besessenheit von Gedanken, die uns übermannt und beherrscht und uns zu einer völlig anderen Person macht. Wenn wir uns auf diese Regung konzentrieren, werden wir von ihr aufgesaugt. Sobald wir uns den Gedanken widmen, nehmen sie Besitz von uns. Sie werden zur Obsession. Nicht selten wird dann aus weiß schwarz – Graustufen-Interpretationen sind meist nicht diskutabel.
Verleugnungstendenzen sind ein weiterer schwieriger Aspekt von Eifersucht. Fragen wir Menschen, die nicht in einer Beziehung sind, ob sie eifersüchtig sind, dann kategorisieren sich die meisten als „nicht der eifersüchtige Typ“. Erst in Beziehung werden wir mit dem Phänomen konfrontiert – doch auch da bleiben viele bei der Behauptung, sie seien „eigentlich nicht eifersüchtig“, nur das Verhalten des Partners verursache eine solch außergewöhnliche Reaktion.
In meiner Praxis begegnen mir immer wieder Menschen, die nicht nur einfach versuchen, Eifersucht zu verstecken, sondern trotz heftigster Gefühlswallungen sich selbst einreden, dass sie nicht eifersüchtig sind. Warum?
Weil Eifersucht hässlich ist, weil sie uns verletzlich macht, weil sie uns unsouverän zeigt, weil sie irrational ist und weil wir eigentlich ganz genau wissen, dass wir, wenn wir ihr Raum geben, das, was wir lieben, damit zerstören. Und nicht zuletzt, weil all dies dazu führt, dass wir uns ihrer schämen.
Scham war noch nie ein guter Ratgeber und so täuschen wir uns selbst gerne mit dem Argument, dass, wenn dieses negative, mächtige Gefühl da ist, es irgendwo eine Berechtigung dazu geben muss, einen Anlass, einen triftigen Grund. So kommt ein weiterer negativer Effekt dazu: das Verschieben von Verantwortung. Wenn „es“ mich überfällt, dann muss es ja von außen kommen. Und ich bin das Opfer. So muss es einen Täter geben. Und der ist wohl der andere. Der Partner…
Tatsächlich hat manchmal im Vorfeld ein Treuebruch stattgefunden; in einer früheren Beziehung, zwischen den eigenen Eltern als unseren Vorbildern oder auch tatsächlich in der aktuellen Beziehung. Dies erschwert den Umgang mit Eifersucht sehr und macht das Misstrauen mitunter zu einem neuen, in manchen Fällen unüberbrückbaren Problem. Ich werde unten darauf zurückkommen. Dennoch führen Verleugnung, Scham und Verschiebung von Verantwortung dazu, dass viele Menschen eines übersehen: Eifersucht hat in erster Linie mit uns selbst zu tun.
Genauer gesagt mit eigener Selbstunsicherheit und mit unserem Besitzdenken.
Machen wir uns nichts vor: natürlich wären wir alle gerne so selbstbewusst, uns zu sagen, dass wir attraktiv und interessant genug sind, dass wir genügend liebenswerte und bewundernswerte Attribute besitzen und in der Gesamtheit so begehrenswert sind, dass unser Partner sich, auch bei Einladungen von außen, niemals in einer Art verhalten würde, die wir als ein Sich-anderen-zuwenden oder Uns-etwas-wegnehmen oder gar als illoyal oder untreu bezeichnen würden. Oder als Zeichen einer ungenügenden Beziehung mit uns. – Sind wir aber meist nicht. Denn das genau ist die Angst hinter Eifersucht: ungenügend zu sein.
Eifersucht signalisiert uns Gefahr. Wenn wir uns unserer Selbstunsicherheit nicht bewusst sind, dann führt uns diese vermeintliche (oder manchmal tatsächliche) Gefahr dahin, den anderen zu verdächtigen. Was zunächst nur ein Verdacht ist, wird durch unser Denken und Grübeln und unsere negativen Gefühle plötzlich zum Tatbestand. Wir unterstellen unserem Partner unzuverlässig, unbeständig, untreu, heuchlerisch, verräterisch zu sein. Was wir nicht mit Sicherheit wissen. Mehr noch: hätten wir die erleichternde Gewissheit, würde sie uns gleichzeitig wieder verletzen, ja zerstören. – Ein unseliger Abwärtsstrudel…
Die zweite Angst hinter Eifersucht ist die Angst, jemanden oder etwas zu verlieren, den/das wir lieben, der/das sehr wertvoll für uns ist. Wir können aber nur verlieren, was wir besitzen oder zu besitzen glauben. Hast Du schon mal beobachtet: in der Phase, in der wir einen Menschen „erobern“ sind wir nicht eifersüchtig. Erst mit dem Moment, wo wir ihn „besitzen“ erlauben wir uns diese Regung – womit wir die Person zu einem Objekt machen (spürst Du, wie unangenehm diese Erkenntnis ist? und sofort kommt der Schamaspekt von Eifersucht zum tragen. Verflixt…
Ich liebe Dich – Ich besitze Dich – Ich mache Dir Vorschriften – Ich kontrolliere Dich – Ich glaube irrsinnigerweise, auch im Besitz Deiner Gedanken zu sein: „Ich WEISS, dass Du xy denkst!!!“
Die Rolle des Eroberers macht uns zuvorkommend, verständnisvoll, großherzig, nachgiebig, nett.
Die Rolle des eifersüchtigen Besitzers… – wollen wir alle nicht haben.
Was tun, wenn der Wille, selbstbewusster zu sein und keine Besitzansprüche zu haben nicht hilft? Was, wenn ich eigentlich selbstbewusst bin und den anderen bereits weitestgehend nicht als meinen Besitz zu betrachten versuche? Und dennoch dieses Gefühl immer wieder habe und nicht wirklich in den Griff bekomme?
Das In-den-Griff-bekommen von Eifersucht hat verschiedene Stadien:
– Bemerken, Bewertungsfreies Beobachten
– Akzeptanz
– Loslassen/Bearbeiten von eigen Anteilen /Grenzen setzen
Als Erstes gilt es, zu beobachten und zu bemerken:
Dass ich plötzlich diese Gedanken habe und diese peinigende Regungen, des Den-anderen-verdächtigen, jemanden anderen unterhaltsamer, hübscher, begehrenswerter, kompetenter zu finden und des Sich-vorstellens, dass der andere ihm/ihr Aufmerksamkeit, Zeit, Gedanken, Zuwendung, vielleicht sogar Körperlichkeit schenken könnte, von denen ich glaube, dass sie mir zustehen und mir zukommen sollten. Dass sich daraus Wut/Ärger entwickelt, ob des (manchmal realen, oft nur potentiellen!) Verhaltens meines Partners und des definierten oder auch unbestimmten Gegenübers, dem eben diese Aufmerksamkeit, Zeit, Gedanken, Zuwendungen etc. zukommen. Dass sich hinter einer solchen Wut Angst verbirgt und Traurigkeit. Und damit verbunden: Schmerz.
Und gleichzeitig, als Zweites, zu akzeptieren:
Ja! Ich bin wohl eifersüchtig! Und ja! Es tut mir nicht gut.
Die Scham, die oft sofort aufkommt gegenüber den eigenen Gedanken und Gefühlen – wie gerne würden wir großzügig dem Partner größeren Spielraum gewähren oder andere Interpretationen über Situationen haben – oder auch gegenüber bereits abgehaltenen Eifersuchtsszenen, in denen wir den anderen anklagen und beschuldigen und empört verlangen, er/sie solle sich gefälligst so verhalten, das man selbst nicht eifersüchtig sein MÜSSE, auch diese Scham müssen wir leider akzeptieren, oder zumindest als existent anerkennen, um mit ihr umgehen zu können. Verleugnen hilft nun einmal nicht.
Doch in diesem Akzeptieren, von allem, was da ist an Gedanken, Gefühlen und Regungen entsteht etwas Neues: Ein Freiraum. Ein Raum, in dem sich Gefühle verändern können. Wenn ich Angst oder Traurigkeit akzeptiere, dann vermindern sie sich nicht selten. In diesem Raum kommt aber noch eine weitere Möglichkeit dazu: die Möglichkeit, loszulassen.
Loslassen braucht diesen Freiraum. Diese Lücke zwischen Reiz und Reaktion, in der ich mich bewusst entscheiden kann, wie ich reagieren will. Loszulassen braucht oft eine willentliche Entscheidung. Eine Entscheidung dazu, nicht mehr Sklave der eigenen Ängste zu sein. Eine Entscheidung, am eigenen Selbstwertgefühl zu arbeiten. Eine Entscheidung, dem anderen zu vertrauen. Loslassen bedeutet nicht, ich stelle mich blind. Es bedeutet nicht, ich setze keine Grenzen, wo ein Verhalten mir nicht gut tut.
Es bedeutet aber: ich tue alles daran, nicht durch ein eifersüchtiges Denken und Verhalten eine Selbsterfüllende Prophezeiung zu erschaffen, in dem ich meine Beziehung durch Eifersucht in einen so schlechten Zustand versetze, dass, wenn denn dann eine „Einladung“ an meinen Partner getragen wird (sei es durch eine Person oder eine Situation), sich einem/einer anderen zuzuwenden in einer von mir nicht gewünschten Art, sich dieser nicht WEGEN ebendiesem von mir kreierten Zustand von mir abwendet.
Es bedeutet, ich vertraue und bemühe mich um eine gute, erfüllte Beziehung. Ich schenke meinem Partner sozusagen einen Vorschuss. (Zum Thema Vertrauen werde ich demnächst einen Text schreiben).
Einen Aspekt müssen wir uns ganz klar vor Augen halten: auch wenn ich mich trenne, bleibt mir MEIN eigener ANTEIL an dem Interaktionsmuster erhalten. Ich nehme ihn mit in die nächste Beziehung, wenn ich ihn nicht davor bearbeite. Und wäre dann nicht die Tatsache, einen Partner zu haben, der mich in meinen Anteilen herausfordert, eine hervorragende Gelegenheit, ein idealer Übungsplatz, diese Veränderung anzugehen? Und damit eine Chance, aus der Sache als Gewinner hervorzugehen. Unabhängig von Gehen oder Bleiben.
Natürlich ist eine Frage, die wir uns stellen müssen, immer auch: genügt es mir? (Anstelle der Frage „genüge ich“?) Was, wenn ich mir sagen muss: ok, meinen Teil habe ich getan, dennoch empfinde ich das Verhalten meines Partners als verletzend und als unsere Partnerschaft nicht wertschätzend?
Denn, wie auch immer die Situation gelagert ist – sowohl wenn ICH durch meine Lebensgeschichte zu einem eifersüchtigen Menschen geworden bin, wie auch in der Situation, in der MEIN PARTNER sich sehr grenzüberschreitend verhält betreffend die Themen Teure, Solidarität, Loyalität – müssen wir uns am Ende die Frage stellen: kann und will ich damit Leben oder wäre es besser/einfacher/funktionaler mir einen anderen Partner zu suchen, der zu der mir eigenen Art zu „sein“ passt? Es bedeutet auch, mit dem Partner das Gespräch zu suchen über Werte und Grenzen: Was ist Deine Vorstellung von Autonomie und Bindung in einer Beziehung? Wo sind Deine Grenzen, wo meine, jenseits von der Angstbewältigung, die jeder selbst angehen muss. Miteinander die Frage zu beantworten: stellen wir wirklich die gleichen Ansprüche an uns selbst wie an den anderen? Oder wird ein Verhalten, das ich bei mir als völlig harmlos, unbedeutend und akzeptabel betrachte zu einem völlig anders bewerteten Verhalten, wenn es das meines Partners ist – und umgekehrt? Messen wir den anderen wirklich mit dem gleichen Maßstab wie uns selbst? Und wenn wir einfach andere Werte/Standards haben: wessen Standard soll dann gelten? Und nicht zuletzt: eine Verletzung bleibt eine Verletzung, auch wenn der Täter in seinem Tun keine Verletzung beabsichtigt. So muss jeder Mensch seine eigene Grenzen finden, dafür einstehen und darauf bestehen, dass eine Regel gilt: das Opfer definiert, was eine Grenzüberschreitung ist und nicht der Täter.
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